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Rennbericht Swissalps 100km – Fiesch

Samstag, 12. August 2023


Für die Saison 2023 habe ich recht früh entschieden, dass ich beim Swissalps im Goms starten möchte. Ich liess es mir aber bis Ende Juni offen (nach dem Lavaredo Ultratrail 120km), ob ich die 100km oder sogar die 160km in Angriff nehmen sollte. Aber die Entscheidung stand kurz nach dem besagten Ultratrail in Cortina d´Ampezzo fest.


Für die Ausgabe 2023 reichten mir die 100km und es sollte eine genügend lange Challenge sein. Ich kenne den Veranstalter Jakob Herrmann seit Jahren und so half ich bei den letzten 4 Events mit bei der Streckenmarkierung. Was mich am Lauf besonders reizte, dass ich erstmals im Oberwallis über 100km laufen konnte, sozusagen vor der Haustüre in der Heimat. Keine langen Anfahrtswege, starten von zuhause aus und nach dem Lauf wieder heim ins Bett.



Bild 1: Vor Start, Dario Seiler und Marc Briggeler. Bild 2: Oberwalliser vor dem Start.


Gut vorbereitet stand ich am Samstagmorgen in der früh zusammen mit über 150 Läufer/Innen am Start im Feriendorf in Fiesch. Pünktlich um 06:30Uhr wurden wir von Jakob auf die Strecke geschickt. Die Wetterprogronosen waren prima, es hat am morgen blauer Himmel vorausgesagt, warme Temperaturen im Tagesverlauf und im späteren Nachmittag vereinzelt lokale Gewitter.


Bild 3: Startschuss 100km.


Kurz nach dem Start zeigte sich sofort, wer vorne mitlaufen wollte. Das Feld war international besetzt, so kannte ich bis auf ein Dutzend Läufer kaum jemand. Die ersten Meter lief ich mit den ersten 10 Leuten mit, schlug meinen Rhythmus an und begann mit Stockeinsatz den steilen Weg in Richtung Fiescheralp in Angriff zu nehmen. Mein Richtplan waren für das heutige Rennen wirklich sportliche 15h. Wenn das aufgehen sollte, so durfte nichts schieflaufen und ein richtig guter Tag musste her. Aber dies war der Plan, einerseits sicher ein Ziel mal bei einem 100km Traillauf mit ca. 6000HM die 15h zu unterbieten, anderseits war dies vor allem für die Helfer gedacht, die mich auf den 6 Posten verpflegten.

Beim Ultratrailrunning ist es üblich, dass man sich nur an den offiziellen Posten verpflegen darf, und teilweise kann man sich an diesen Posten mit der eigenen Crew verpflegen. Ansonsten gilt es keinen Support anzunehmen, so das alle die gleiche Chancengleichheit haben. Je nach Veranstalter wird dies natürlich auch entsprechend kontrolliert und sanktioniert.


Der erste Aufstieg zur Fiescheralp war steil, 7km/1200HM. Da galt es von Beginn an nicht zu überpacen und sich nicht mitziehen lassen von der Spitze, aber dies gelingt mir in der Zwischenzeit mit meiner Erfahrung sehr gut.


Nach der Fiescheralp ging es noch ein Stück weiter hoch Richtung Bettmerhorn, welches man auf der Nordseite umrundet. Das Gelände hier ist eher technisch, von Blocksteinen durchsetzter coupierter Trail, was ich in der Regel bevorzuge. Kaum ums Eck vom Bettmerhorn angekommen, dieser einmalige Blick runter zum Aletschgletscher, jedes mal fantastisch und besonders schön. «Da gännt der di Griimme». Da durfte man auch mal Fotos machen. Während dem Laufen habe ich immer wieder zum Gletscher geschaut und dieses Naturwunder bestaunt. Sicher das grosse Highlight der ganzen Strecke des Swissalps. Weiter ging es zur Gletscherstube beim Märjelensee, wo ein Verpflegungsposten (ohne Crew) im Angebot stand. Hier habe ich erstmals Zwischenbilanz gezogen, war auf Platz 8 und zeitlich etwas dem Plan voraus. Nach diesem Posten folgte ein technischer Downhill runter zur Burghütte und über die Aschpititter Hängebrücke. Weil ich dem Zeitplan ca. 20min voraus war, habe ich den Kollegen vom Posten Bellwald angerufen und ihn gefragt, ob er in 20-30min dort sei, was er bejahte. Nach der Hängebrücke folgte nochmal ein steiler Aufstieg mit 2-300HM bevor es dann eher bergrunter aber doch coupiert Richtung Bellwald ging. Als ich vor Ort (km 24) eintraf, war kein Kollege da... also probierte ich Ihn anzurufen aber nix kam zurück. Also blieb mir nichts anderes, als mich mit den Sachen zu verpflegen, die es beim Posten gab. Wollte gerade aufbrechen, da kam mein Support im Stile eines 100m Sprinters entgegen und brachte mir meine Sachen, die ich für den nächsten Abschnitt (Gommer Höhenweg bis Reckingen) mitnehmen wollte. Kurzes Umorganisieren meiner Verpflegung und weiter gings. Weshalb war der Kollege nicht dort? Ganz einfach...der Veranstalter hat kurzfristig den Verpflegungsposten verlegt und auf der Homepage war die Stelle noch an einem anderen Ort… einmal mehr, beim Ultratrail da muss man auf alles gefasst sein, egal was :-)


Bild 4: Aletschgletscher.


Der eher längere Abschnitt auf dem Höhenweg ist geprägt durch zahlreiche auf und abs und nun wurde es auch zunehmend wärmer. Ich würde sagen, es wurde schon eher heiß genug. Dies ist bestimmt nicht meine Lieblingstemperatur. Aber ja, es ist halt Sommer und umso wichtiger war es genügend zu trinken. Tatsächlich habe ich beim Rennen viel mehr getrunken als geplant. Pro Stunde 0.5l/60g Kohlenhydratgetränk (WOO Competition, WOO Fast Endurance), an jedem Posten auch ca. 0.5l davon. Zusätzlich viel Wasser, Cola, sogar ein Redbull. Verpflegung alle 1.5-2h 1x WOO Liquid Energie und jede halbe Stunde Minimum ein Gel und noch feste Nahrung nach Lust und Laune dazu. Das war auch so der Plan und hatte gut funktioniert, während dem ganzen Rennen keine ernstere Magenprobleme und hatte immer genügend Energie.


Auf den Zwischenposten Reckingen bei km 38 freute ich mich besonders, weil ich wusste das dort meine Familie mit Kinder auf mich warten würde. Auch die Eltern und mein Vetter mit Familie waren vor Ort. Zudem fühlte ich mich prima bis dort, konnte den Lauf wie erwartet noch «geniessen» und war noch nicht total am Anschlag. Darf man auch nicht, sonst stellt es einen auf. Der Posten wurde ausgiebig genutzt zum frischmachen, eincremen, verpflegen, nachtanken und es gab noch eine kleine Zusatzaufgabe während dem Rennen, mehr dazu später. Frisch gestärkt ging es auf den «flachen» Abschnitt Richtung Blitzingen, auch hier nochmal Verpflegung durch meine Eltern und Vetter mit Familie und dann weiter Richtung Steinhaus und zur Strasse hoch, um nach Chäserstatt zu laufen. Jetzt folgte der Abschnitt, den ich besonders gut kenne, habe ich doch die Strecke Chäserstatt-Rappental-Eggerhorn-Binn 2x selber markiert. In Chäserstatt (km 51) wurde ich verpflegt durch meine Schwester, habe nochmal richtig aufgetankt um auf dem nächsten Abschnitt nicht zu verdursten. Ich wusste das es über 2h dauern wird für diese Strecke und hatte 2x 0.5dl Sportgetränk mitgenommen, das reichte aber nicht. So gab es frisches Bergwasser von den diversen Seitenbächen im Rappental, der Magen hat dies jedenfalls nicht weiter gestört.



Bild 5: Interview in Reckingen.

Bild 6: Verpflegung Chäserstatt.


Das Rappental ist wunderschön, pure Wildnis und einsam. Es folgte dort der steile nicht enden wollende Aufstieg zum Eggerhorn, bevor es wieder auf abwechselndem Singletrail im Zickzackkurs runter nach Binn ging (1100HM). Kurz vor dem Posten in Binn (km 65) hörte ich «z´Hansruedi» mit «13 Stärne» und so warm wurde ich noch selten empfangen von einer Postencrew… und wem habe ich dies zu verdanken? Den Rhone Runners mit Marion Berchtold, Christian Grand und deren Team, die über mehrere Stunden den Verpflegungsposten bedienten. Die Eltern und Schwester standen mit dem 13 Sterne Fahne Spalier, ach war das ein schöner Einlauf. Es hat mir so super gefallen bei diesem Posten, ich wäre beinahe dort geblieben… :-)



Bild 7: Posten Binn.


Aber nein, es sind ja erst 2/3 des Rennens vorbei. Erstmals seit langem habe ich wieder eine richtige Blase am Fuss abbekommen, dies kannte ich bislang fast nur von den Skitourenrennen. Dies habe ich im vorhergehenden Abschnitt gespürt, dass das «Fussbrennen» immer übler wird und wohl eine nette Blase wird. Aber kein Problem, kurze «Selbstbehandlung», neue Strümpfe, gute Verpflegung, Interview und es durfte frisch gestärkt weitergehen. Ah da war ja noch diese Zusatzaufgabe. 3 Tage vor dem Rennen wurde ich kontaktiert von Markus Pianzola und Sport-Oberwallis.ch, um gemeinsam ein Reportage von diesem Lauf zu machen...zuerst war ich mir nicht sicher, weil ich dachte, dass mich dies eventuell dann noch nervös machen könnte, wenn mich eine Kamera begleitet. Aber schlussendlich sagte ich zu für dieses Vorhaben und ein bisschen Druck konnte ja auch nicht schaden. Die letzten Stunden davor wurde ich dann doch noch ein wenig unruhiger als sonst, aber konnte dies gut ausblenden. Jedenfalls war dies eine neue und auch schöne Erfahrung. Über 2 Abschnitte nahm ich auch noch eine GoPro Kamera mit und nahm selber ein paar Sequenzen auf für das Video. Der Link zu einer wirklich gelungenen 10min Zusammenfassung ist am Ende des Reports zu finden.


Binn war ein weiterer Meilenstein des Rennens. Aber ich wusste, das jetzt nochmal ein richtiges «Piece de resistance» mit dem Breithorn bevorstand. Vorallem kannte ich diesen Anstieg nicht im Detail. Zuerst gings runter zum Weiler Ze Binne, über den Fluss und dann steil aufwärts Richtung Saflischmatte...gefragt war Stockeinsatz, das liebe ich vom Skitouren her. Im Anschluss nach der Saflischmatte lichtete sich der Wald und es ging mit der selben Steilheit im Zickzack hoch bis man dann die Höhe bei einem Kreuz (auf 2400m) erreicht hatte. Das war wirklich nochmal ein fordernder Abschnitt, der sich ein wenig hinzog...und auch entsprechender Einsatz erforderte. Von weitem sah ich das Zelt des Verpflegungspostens Breithorn hinter einer kleinen Alpsiedlung genannt Furggerchäller. Dort tankte ich nochmal kurz auf und schaute auf meinen Zeitplan, ouuuwejjjaaaa...keine Reserve mehr, genau auf Kurs. Jetzt wusste ich, nun gilt es fortan richtig auf die Tube zu drücken, sonst wird dies nichts mit diesen besagten 15h. Kurz nach dem Posten Breithorn folgte der laaaaaangeeee Abstieg auf der breiten Alpstrasse in Richtung Grengiols. Die 14 Spitzkehren wollten nicht vorbei gehen, dies war wirklich ein «mühsamer» Abschnitt, immer mit der gleichen Neigung auf einer breiten Fahrstrasse hin und her und hin und her. Da muss wohl jeder glücklich gewesen sein, als er unten angekommen war. Beim Posten Grengiols (km 84) lag mein «Dropbag» bereit, Crew war hier keine erlaubt. Nochmal Shirt Wechsel, kurz Verpflegen, auftanken und weiter ging es. Es folgte ein coupierter Trailabschnitt, mehrheitlich ansteigend, auf und ab auf Singletrails Richtung Mühlebach. Ich habe probiert, berghoch alles noch zu joggen, weil ich wusste, dass es jetzt keine Zeit mehr zu verlieren gab und mich dann doch noch der Ehrgeiz gepackt hatte, den Plan zu unterbieten. Oberhalb von Ernen liefen wir auf einem schönen Trailabschnitt entlang der Suone Trusera, das machte mir richtig Spass und war erfreut, dass ich auch die Blase in der Zwischenzeit wohl vergessen habe, oder zumindest wurde der Schmerz unterdrückt. Im Posten Mühlebach (km 92) hatte ich nochmal Eigenverpflegung, aber nach einer Minute war ich bereits wieder unterwegs, über die Hängebrücke, nochmal hoch Richtung Bellwald, dann auf einem Singletrail runter bzw. hinein ins Fieschertal. Es begann langsam zu eindunkeln. Ich wollte aber die Stirnlampe nicht mehr auspacken. Weil jetzt galt es wirklich keine Zeit mehr zu verlieren, ich wusste das es reichen kann aber es durfte nichts mehr schief laufen. Erfreut sah ich die Lichter von Fiesch, lief mit grosser Vorfreude durch das Dorf in Richtung Feriendorf. Auch hier nochmal eine kleiner kurzer Gegenanstieg und dann mehrheitlich bergabwärts zum Ziel. 50 Meter vor dem Ziel ging es nochmal berghoch, die Ziellinie musste verdient werden. Ich erhielt vor dem Einlauf die Walliserfahne von meinen Eltern, Verwandte standen Spalier, die Schwester wartete im Ziel...der Moment bzw. Zieleinlauf war wiederum wunderschön und ich genoss nochmal jede Sekunde! Für dieses Gefühl, diese Emotionen, diesen einen Moment...dafür laufe ich gerne über 100km. Finisher eines langen Ultratrails zu werden, ist ein grosses Geschenk, dass man sich hart erarbeiten muss. Die Überquerung der Ziellinie ist die grosse Belohnung für all die Entbehrungen und die Strapazen der letzten Stunden. Dieses Gefühl muss man erleben, mit Worten ist dies kaum zu beschreiben! Ich war jedenfalls überglücklich und fühlte mich wie ein Sieger!


Bild 8: Im Ziel.


Und es war eine wirklich tolle Trailrunde im Oberwallis.

Zeit??? 14:53….yes auch dies hat noch geklappt...Punktlandung yuuuppppiiiii!

Overall Rang 5, Kategorie Rang 3. Für mich absolut zweitrangig. Klar ist ein super Ergebnis und toller Erfolg, keine Frage, aber für dies mache ich dies nicht, sondern weil ich diesen Sport liebe und mit grosser Leidenschaft ausübe und dieses Gefühl der Überquerung der Ziellinie nach einer langen Challenge immer und immer wieder erleben möchte!


Vielen Herzlichen Dank meiner lieben Frau und Kinder für den ganzen Support und das Verständnis, dass ich diese Leidenschaft ausüben darf. Grosses Dankeschön meinen Lieben Eltern, Geschwister und Verwandte aus Bürchen, welche mich tatkräftig unterstützen. Danke allen Kollegen unterwegs für deren Support. Merci den Rhone Runners beim Posten Binn, das war einmalig!


Bild 9: Ziel mit einem Teil der Crew.


Verfasst von: Marc Briggeler.


Link zum Videobeitrag von www.sport-oberwallis.ch:



Walliserbote Swissalps 100: 14. August 2023:



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