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Rennbericht Lavaredo Ultra Trail 120k – Cortina d'Ampezzo

rhonerunners

Freitag-Samstag 23.-24.Juni 2023


Tage nach dem erfolgreich absolvierten UTMB Ende August 2022 suchte ich nach einer weiteren sportlich interessanten Herausforderung. Der Lavaredo Ultratrail stand schon länger auf meiner To-Do Liste, also habe ich gleich die Anmeldebedingungen gecheckt und mich für die Auslosung der Startplätze (1700Stk) für den LUT2023 eingeschrieben. Dabei musste man ein Qualirennen vorweisen. Ende Oktober 2022 kam dann der positive Bescheid und ich, sowie mein Ultralaufkollege Andreas Manz erhielten den Startplatz zugelost. Die Vorfreude war riesig, zählt der LUT im Ultrabereich doch zu den renommiertesten bzw. prestigeträchtigen Events im Zirkus.


2023 findet bereits die 16. Austragung statt und Distanzen gab es verschiedene im Angebot (120k, 80k, 50k, 20k und 10k). Start und Ziel ist jeweils im Herzen der Dolomiten in Cortina d’Ampezzo, bekannt von den Weltcupskirennen, Austragungsort der Olympischen Winterspiele 2026 oder eben den berühmten 3 Zinnen, italienisch Tre Cime di Lavaredo. Diese gaben dem Event auch den Namen.


Mittlerweile hat sich der LUT der UTMB World Series angeschlossen und gilt somit als Qualifikationsrennen für den UTMB Event in Chamonix. Das heisst hier können sogenannte «Running Stones» gesammelt werden (wenn man das Rennen auf der Distanz 120k finisht, gibt es 4 Stones) und mit diesen geht man dann in die UTMB Auslosung im Folgejahr, sofern man möchte.


Und wieso gerade der LUT? Ganz einfach… Dolomiten, über 10x habe ich diese Bergregion in den letzten 12 Jahren besucht. Dies ist absolut meine Lieblingsferienregion und diese Berge lassen mich einfach nicht los. Persönlich ist dies für mich die schönste Region der Welt (nach dem Wallis natürlich 😊). Wenn ich irgendwo auswandern würde, dann in die Dolomitenregion.

Die Vorbereitung für den LUT 2023 lief mir grundsätzlich sehr gut. Im 2023 habe ich vor dem Rennen 6 Wettkämpfe bestritten, zum Teil im Vorbereitungsmodus, 3 davon aber flache Marathons für den nötigen Speed und dann mehrheitlich Trailrunningtrainings. Ich fühlte mich gut vorbereitet. Einzig 10 Tage vor dem Rennen legte mich noch für 1-2Tage eine Magengrippe flach. Sicher nicht optimal, aber ich nutzte das als «Tapering» und liess mich nicht weiter beunruhigen.


Die Vorfreude war riesig, das Wetter vermeldete gut und so sind wir (Andreas Manz und ich) gemeinsam am Donnerstag 22. Juni nach Cortina d’Ampezzo gereist. Die Reise mit dem Auto dauerte ca. 7h, der Ort liegt schon nicht gerade ums Eck. Angekommen sind wir am Nachmittag. Die Sonne brannte, das Thermometer zeigte 31° an und das auf 1200m.ü.M…ouweja…


Bild 1: Tag vor dem Start.


Abends schauten wir im Städtchen Cortina dem Treiben zu, das 20km Rennen wurde ausgetragen und so genossen wir die schöne Rennambiance.


Bild 2: 20km Rennen Start.


Der Renntag startete mit einem ausgiebigen Frühstück und draussen kühlte es merklich ab, die Wolken zogen auf. Danach haben wir mit dem Auto die Region erkundet und uns die Täler und Berge angeschaut, wo wir während dem Rennen durchlaufen werden, zum Teil auch die Verpflegungsposten. Das gab uns ein gutes «Bild» von den weiten Distanzen, die wir zurücklegen werden. So auf 120km kommt man schon ziemlich weit herum. Am späteren morgen setzt der Regen ein und es gab die gewünschte Abkühlung. Dann holten wir unsere Startnummern ab.

Bild 3: Andreas Manz und Marc Briggeler Startnummerabholung.


Nachmittag wurden im Hotelzimmer nochmal die Batterien aufgeladen mit einem Minischläfchen. Abends 3-4h vor dem Start genossen wir noch ein letztes «Henkersmahl», bevor wir dann 1h vorher gut gerüstet auf dem Startplatz eintrafen. Nach bis nach fühlte sich der Platz und die 1551 Teilnehmer reihten sich auf. Wir waren gut positioniert und geschätzt 2-300 standen vor uns, was in etwa dem entsprach was ich mir vorstellte. Nach 2km auf breiter Asphaltstrasse ging es auf einen Singletrail, Stau war dort unvermeidlich und somit war ein «guter» Startplatz auch wichtig.


Bild 4: Andreas und Marc startklar.


Punkt 23Uhr ging es im Lichte der Stirnlampen los, angefeuert von hunderten begeisterten Zuschauern im voll gefüllten Städtchen. Hier galt es, nicht in Euphorie zu verfallen um nicht gleich zu überpacen, aber das gelang mir gut.


Bei km18 und der ersten Zeitmessung lag ich zeitlich vor meinem Plan, rangmässig aber in etwa dort wo ich mich einreihen wollte. Ich fühlte mich sehr gut, die ersten Uphills und Downhills waren recht entspannt. Gegen 4Uhr morgens habe ich nach ca. 5h bereits die Marathondistanz absolviert und fühlte mich prima. Ich probierte in der Nacht mich regelmässig und gut zu ernähren, so das die Speicher immer entsprechend gefüllt waren. Nach dem malerischen Lago Misurina (km 42) ging es hoch Richtung Rifugio Auronzo und zu den 3 Zinnen. Hier begann es langsam an aufzuhellen. Oben angekommen wehte ein frischer Wind. Ich zog bereits im Aufstieg ein langarmiges Shirt an, um dann oben auf 2300m.ü.M. nicht auszukühlen. Nach der Auronzo-Hütte erfolgte ein kurzer «Toilet» Boxenstopp und weiter ging es zum Forcella Lavaredo. Die Sonne ging auf, die 3 Zinnen begannen rötlich zu leuchten. Ein unvergesslicher Anblick den ich geniessen und auch fotografisch festhalten wollte. Was für ein tolles Erlebnis während einem Rennen die 3 Zinnen so leuchten zu sehen. Nach diesem Genuss folgte ein langer Abstieg von ca. 10km in ein Tal und Gegenaufstieg von 4-5km zum grossen Zwischenstopp Cimabanche (km 67). Hier hatte ich einen Dropbag mit meinen Sachen. Der Posten war wichtig. Einerseits um mich umzuziehen, frisch zu machen, verpflegen, nachzutanken, Sonnencreme einschmieren usw. Weil ich keine Betreuer hatte, dauerte dies ein Moment, so war ich mehr als 20min bei diesem Posten und verlor deswegen auch ein paar Plätze, dies bestätigte die Rangierung der Zeitmessung dieses Postens, welche sich beim Ausgang befand.


Bild 5: Morgenstimmung bei Rifugio Auronzo.

Bild 6: 3 Zinnen bei Sonnenaufgang.

Bild 7: Durchlauf 3 Zinnen.

Bild 8: Tunnelblick.


Nach diesem langen Zwischenstopp musste ich wieder meinen Rhythmus finden. Es ging wieder mal hoch, dann runter usw, und vorbei am nächsten Zwischenposten bei km 77. Ab km 80 ging es dann ins Tal Val Travenanzes hinein. Ca. 15km/1200HM sollten es werden. Jetzt wurde es für mich richtig hart. Die Sonne brannte und irgendwie hatte ich je länger es ging umso mehr meine Mühe. Der Kopf wollte aber ich musste zahlreiche Läufer an mir vorbei ziehen lassen. Das Tal ein wahre Perle der Natur. Einzig ein Wanderweg führt hier hinein und sonst nichts. Der Verpflegungsposten nach 2/3 des Tals bestand aus einem primitiven Alphäuschen und einem Wasserbrunnen, das war schon alles an «Zivilisation». Hier hatte ich eine langeee Krise und kam fast nicht «ab dum Fläck». Ja nu, Krisen sind da um diese zu überstehen, dachte ich mir. Also weiterhin gut verpflegen und dann wird’s hoffentlich schon besser. Kurz vor dem Übergang kam mir mein Kollege Andreas Manz entgegen (hat leider das Rennen bereits nach ca 20km aufgegeben, wollte nicht sein Tag sein). Ach war ich froh jemand zu sehen der mir «helfen» konnte. Er motivierte mich, peppelte mich so gut wie es ging auf und hat mich dann auf den nächsten 15km begleitet. Ich war sehr froh, dass ich dieses Tal hinter mir lassen konnte...da musste ich kräftig beissen. Nächster Posten lag bei km 97. Und ab jetzt waren es noch immer 24km und weil die Kräfte eher nachliessen anstatt zunahmen, wusste ich, dass es noch ein paar harte Momenten geben wird. Um vorwegzunehmen, es hat tatsächlich noch 3 3/4h gedauert für 24km (+1200HM, -2000HM). Aber aufgeben, neeeeee nein Danke. Die nächsten 16km waren äusserst coupiert mit zahlreichen up and downs. Die Gegend war wunderschön, ein Berg schöner als der andere. Es zog sich aber hin und mehrmals dachte ich, jetzt geht es dann hoffentlich nur noch «runter» nach Cortina und dann folgten noch 1-2 Gegenanstiege mit 2-300HM, die leicht aufs Gemüt schlugen. Als ich gesehen habe, dass jetzt der letzte «Anstieg» jetzt endlich Geschichte war habe ich mich nochmal richtig zusammengerissen, den Downhill so schnell als möglich zu bewältigen. Ich wurde motiviert, dass ein Platz unter den ersten 100 möglich wäre, wenn ich ein paar überholen würde. So hatte ich nochmal Ansporn genug für den «Finish». Tatsächlich holte ich noch einige Leute ein auf dem letzten Abschnitt. Mit grossen Schritten und grosser Vorfreude näherte ich mich Cortina. Noch 1-2km dann ist es geschafft. Es kam Vorfreude und kribbeln auf. Die letzten 500m ging durch das gut gefüllte Städtchen. Wunderschöner Zieleinlauf und dann kamen sie wieder, diese Emotionen die ich liebe…Gänsehaut, Tränen in den Augen und einfach unbeschreiblich die letzten Meter! Finisher!!! 17h12min (Zeitplan 17:30 unterboten). Overall Platz 92. Gefühlt wie der Sieger, gerade mein 2. längstes Rennen gefinisht!


Bild 9: Dolomiten.

Bild 10: Es geht noch weiter.

Bild 11: Zuversicht kommt zurück.

Bild 12: Freude beim Zieleinlauf.

Bild 13: Yes geschafft.

Bild 14: Wie ein Sieger fühlen.


Tolles Ergebnis und ich war einfach glücklich, überhaupt die Ziellinie überquert zu haben. Gemeinsam mit Kollege Andreas feierte ich mein Zieleinlauf.

Video: Zieleinlauf Cortina.


Meine Analyse 1-2 Tage später offenbarten, dass an diesem Tag zeitlich bestimmt mehr drin gelegen hätte, wäre diese lange Krise im letzten Drittel des Rennens nicht gewesen. Dennoch sollte man mit einem auch nicht zu streng sein und überhaupt glücklich schätzen, wenn man gesund ins Ziel läuft, der Plan immer noch gut unterbietet und so sehe ich dies auch als Geschenk. Immer geht es auch nicht zu 100% auf bzw. das ist in der Regel auf diesen Distanzen auch nicht möglich.



Bild 15: Dolomiten geniessen Tag danach.

Bild 16: Sightseeing Dolomiten mit Andreas vor der Rückfahrt.


Der Sonntag diente noch für eine ausgiebige Sightseeingtour in der Region und so erkundeten wir auf der Rückfahrt die wunderschönen Dolomiten und nahmen auch einen Umweg über Alta Badia-Kolfuschg-Grödnerjoch-Sellapass-Grödnertal in Kauf. Müde und glücklich kamen wir dann Sonntag Abend spät gegen 22Uhr zuhause an. Wenige Stunden später ging das Leben bzw. die Arbeit und der normale Wahnsinn gleich wieder weiter. Als ich am Montag morgen aufgewacht bin, war ich mir zuerst nicht sicher, ob ich das ganze nur geträumt habe oder ob dies wirklich wahr gewesen ist…


Merci Andreas Manz für die wirklich tollen sportlichen Tage mit dir!


Verfasst von: Marc Briggeler.



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